Als die islamistischen Kämpfer im Dorf Douna‑Pen am 2. November 2024 zum Dschizya aufriefen, waren viele der ortsansässigen Christen überrascht – und verängstigt. Aid to the Church in Need (ACN) erhielt von anonymen Zeugen Meldungen, dass jeder erwachsene Christ rund 40 Euro zahlen müsse, ein Betrag, der hier einem vollen Monatslohn entspricht.
Hintergrund: Religionsfreiheit in Mali
Obwohl die Verfassung Malis einen säkularen Staat garantiert und jedem Bürger gleiche Rechte zuspricht, wird die Lage für religiöse Minderheiten seit Jahren von islamistischem Extremismus belastet. Der Arbeitskreis Weltweiter Gebetstag für verfolgte Christen (AKREF) weist darauf hin, dass die „erhöhte“ Einstufung der Religionsfreiheit im ACN‑Bericht 2023 vor allem auf autoritäre Regierungen und bewaffnete Gruppen zurückzuführen ist. Historisch lässt sich das Erheben von Dschizya – einer Kopfsteuer, die im Koran für Nichtmuslime unter islamischer Herrschaft festgeschrieben ist – über Jahrhunderte zurückverfolgen, doch heute wirkt sie eher als Mittel zur politischen Einschüchterung.
Die aktuelle Zwangsmaßnahme in Douna‑Pen
Das Dorf liegt knapp südlich der Stadt Koro und grenzt an Burkina Faso. Dort haben islamistische Gruppen in den letzten Wochen mehrere Forderungen gestellt: erst die Schließung der katholischen und evangelischen Kirche, dann das Verbot, Musikinstrumente im Gottesdienst zu nutzen, und schließlich die Zahlungsaufforderung. Laut den Berichten sammeln die Betroffenen das Geld gemeinsam, unterstützt von Nachbarn, die sich ebenfalls als Christen fühlen, aber nicht selbst zahlen können.
Der Durchsetzung der Dschizya in Douna‑PenDouna‑Pen war keine spontane Aktion, sondern das Ergebnis einer längeren Drohphase. Woche für Woche stieg die Angst, bis schließlich bewaffnete Botschafter der Extremisten eintrafen und die neue „Ungläubigen‑Steuer“ ankündigten. Wer nicht zahlte, sah sich Gefahr von Verfolgung oder sogar Todesstrafe ausgesetzt.
Reaktionen von NGOs und lokalen Kirchen
Vertreter von Aid to the Church in Need (ACN) haben sofort internationale Aufmerksamkeit gefordert. In einer kurzen Stellungnahme betonten sie, dass das Vorgehen „einen klaren Verstoß gegen das Völkerrecht und die Menschenrechte darstelle“. Gleichzeitig riefen lokale Pastoren zu friedlichem Widerstand auf und organisierten Hilfsgelder, um die betroffenen Familien zu entlasten.
Die Region Mopti ist seit 2012 ein Brennpunkt für Aufstände. Experten aus dem UNO‑Büro für Menschenrechte schätzen, dass die Dunkelziffer von Fällen, in denen Christen zur Zahlung von Dschizya gezwungen werden, bei mehreren Dutzend liegt – das offizielle Register erfasst nur die lautesten Stimmen.
Einfluss auf die betroffenen Familien
Für die meisten Familien in Douna‑Pen bedeutet die Steuer den Verlust von Ersparnissen, die für die nächste Ernte nötig sind. Eine Mutter, die wir aus Gründen der Sicherheit nicht namentlich nennen dürfen, erzählte, dass sie ihr ganzes Monatsgehalt in die Kasse legen musste, um die 40 Euro zu bezahlen. "Wir haben das Feld nicht mehr bestellen können, weil das Geld fehlt", sagte sie, während Tränen über ihr Gesicht liefen.
Doch nicht alle geben auf. Monique, eine 34‑jährige Christin aus Douna‑Pen, ist ein außergewöhnliches Beispiel für Standhaftigkeit. Sie verweigerte die Zahlung, blieb in ihrem Haus und betete, während ihre Nachbarn das Geld sammelten. "Gott hat uns nicht verlassen, er gibt uns Kraft", erklärte sie. Moniques Geschichte hat bereits über soziale Netzwerke in Bamako und Ouagadougou verbreitete Aufmerksamkeit erzeugt – ein kleiner Funke Hoffnung in einer sonst düsteren Situation.
Ausblick: Was kommt als Nächstes?
Die malische Zentralregierung hat bisher kaum Stellung genommen, obwohl das Parlament mehrfach über das Thema debattierte. Internationale Beobachter befürchten, dass die Praxis der Dschizya, wenn sie nicht gestoppt wird, weitere Dörfer in der Region Mopti und darüber hinaus treffen könnte. Ein kurzer Ausblick: In den nächsten Wochen sollen mögliche Sanktionen seitens der Afrikanischen Union geprüft werden, während lokale Friedensinitiativen versuchen, den Dialog zwischen den islamistischen Führern und den christlichen Gemeinden wieder aufzunehmen.
Für die betroffenen Christen bleibt das Grundprinzip: Entweder konvertieren, bezahlen oder fliehen. Viele entscheiden sich für den schmerzlichen Weg des Verlassens ihrer Heimat, weil das Land nicht mehr sicher ist. Andere hoffen, dass die internationale Gemeinschaft Druck auf die Extremisten ausübt und die malische Verfassung endlich durchgesetzt wird – damit die religiöse Vielfalt, die das Land einst auszeichnete, wieder gedeihen kann.
Häufig gestellte Fragen
Wie hoch ist die geforderte Dschizya‑Steuer pro Person?
Die islamistischen Gruppen verlangen von jedem erwachsenen Christen etwa 40 Euro. Dies entspricht vor Ort einem vollen Monatslohn und ist damit für die meisten Familien kaum tragbar.
Welche Rolle spielt Aid to the Church in Need (ACN)?
ACN sammelt Berichte aus der Region, warnt die internationale Gemeinschaft und mobilisiert finanzielle Unterstützung für betroffene Christen, um die geforderte Summe zu decken.
Wie beurteilen Menschenrechtsorganisationen die Situation?
Organisationen wie Amnesty International sehen die Dschizya‑Forderung als Verstoß gegen die Religionsfreiheit und fordern sofortiges Eingreifen der malischen Regierung sowie internationale Sanktionen gegen die Täter.
Was bedeutet das für die Sicherheit von Christen in anderen Teilen Malis?
Die Gefahr, dass ähnliche Forderungen in benachbarten Dörfern kommen, wird von Experten als hoch eingestuft. Viele Christen erwägen bereits, ihre Heimat zu verlassen, um sich und ihre Familien zu schützen.
Welche langfristigen Lösungen werden diskutiert?
Langfristig werden politische Reformen gefordert, mehr Schutz für religiöse Minderheiten und eine wirksame Friedensmission, die die Aktivitäten der extremistischen Gruppen in der Region Mopti einschränkt.